Zeitnot, Züge und zahnlos – Rückschlag bei der Operation Wiederaufstieg

Aus dem Tagebuch eines Mannschaftsführers…

Nach zwei Mannschaftssiegen war die Euphorie schon wieder sehr groß, doch die Ernüchterung folgte auf dem Fuße. Drehen wir wieder die Uhr um ein paar Tage zurück.

Leider konnte erneut einer unserer Topspieler nicht am Wettkampf teilnehmen. So musste ich wieder zwei Spieler aus der zweiten Mannschaft rekrutieren. Die Wahl fiel dieses Mal auf Igor und Yannick, die auch im letzten Mannschaftskampf bei uns sehr erfolgreich gepunktet hatten.

So holte ich Igor ab und fuhr zum Spiellokal – na immerhin Dennis war pünktlich. Die restliche Mannschaft traf dann peu á peu ein. Leider waren weder die Tische noch das Spielmaterial nach dem Samstagstraining aufgebaut. So mussten wir schnell Tische rücken, Holzbretter und Figuren holen und aufbauen. Unsere Gäste aus Hannover waren sehr pünktlich angereist und nach einer kurzen Begrüßung konnte der Wettkampf pünktlich um 10.00 Uhr beginnen.

Die Aufstellung lautete:

Hamelner SV – SF Hannover

1. Bode, Wilfried – Kaimer, Thomas
2. Renner, Kai – Gabriel, Uwe
3. David, Adrian – Fritze, Bernd
4. van Son, Lutz – Ackermann, Dennie
5. Schmidt, Dennis – Streich, Gerhard
6. Kaiser, Gerhard – Herrmann, Andreas
7. Belov, Igor – Dr. Ploog, Martin
8. Koch, Yannick – Gründer, Michael

An den vorderen vier Brettern hatten unsere Spieler bis zu 200 DWZ-Punkte mehr auf dem Bankkonto – an den restlichen Brettern waren die Gäste nominell stärker. Doch wie sage ich immer: „DWZ-Zahlen spielen kein Schach.“ So sollte ein spannender Wettkampf beginnen.

Als erstes endete die Partie von Wilfried. Nach der Eröffnungsphase standen seine Streitkräfte ein wenig passiv. Da Wilfried und sein Gegner kein unnötiges Risiko eingehen wollten, einigte man sich auf Remis. Nicht das erhoffte Ergebnis, aber immerhin ein Schwarz-Remis.
0,5:0,5

Adrian stand nach der Eröffnungsphase sogar noch ein wenig schlechter als Wilfried. Seine Figuren strahlten förmlich vor Passivität. Da war das Remisangebot des Gegners doch sehr überraschend, das Adrian auch relativ zügig annahm. Ja, so ein FM-Titel hat auch seine Vorzüge. Zwei Schwarzpartien Remis gegeben – dann blieben 4 Weißpartien, um den Wettkampf zu gewinnen
1,0:1,0

Ganz gut kam Yannick aus der Eröffnung raus und konnte ein wenig Druck aufbauen. Allerdings parierte sein Gegenüber sämtliche kleineren Angriffe und tauschte Material ab. Die Stellung verflachte und es wurde eine friedliche Punkteteilung vereinbart.
1,5:1,5

Kai und ich standen ein wenig besser. Dennis, Igor und Gerhard standen recht ordentlich, auch wenn ich noch keinen wesentlichen Vorteil erkennen konnte. Da war noch nichts entschieden – es würde wieder ein enger Wettkampf geben.

Aus meiner „großen“ Theorie-Datenbank zauberte ich eine schöne Eröffnungsstellung. Nach dem Tausch der gegnerischen Läufer standen meine Truppen sehr gut. Die wichtigen Zentrumsfelder wurden von meinen Bauern beherrscht und wie Scharfschützen standen meine Läufer und zielten in die gegnerische Stellung. Da beide Könige lang rochierten, öffnete ich den Damenflügel und positionierte meine Figuren fast optimal. Hier schrieb Fritz schon +3 Bauern, obwohl ich kein Mehrmaterial hatte. Eine schnelle Berechnung und ich konnte einen Damengewinn erkennen. Den letzten gegnerischen Springerzug vor meiner Variante zog ich allerdings zu wenig in meine Berechnung ein und über sah ein böses Springerschach mit anschließendem Damenverlust. Nur mit größter Selbstbeherrschung habe ich dann nicht das Spielmaterial durch den Raum geschleudert. Man oh man, da habe ich den kompletten Mannschaftskampf versaut.
1,5:2,5

Igor hatte eine defensive Stellung bezogen, dafür allerdings einen Mehrbauern. Beide Seiten versuchten auf unterschiedlichen Flügel das Blatt für sich zu entscheiden. Die Zeit floss dahin und Igors Schwerfiguren drangen auf den gegnerischen Reihen ein. Da bot sich Igor die Gelegenheit durch dreifache Stellungswiederholung Remis zu machen. Weil Igor seine Stellung für schlechter hielt, wurde die Punkteteilung vereinbart.
2,0:3,0

Gerhard kam ganz gut aus der Eröffnung heraus und positionierte seine Figuren recht gut. Nach einem langen Handgemenge drangen jeweils die Damen in die gegnerische Stellung ein. Allerdings hatte der Hamelner recht viel Zeit verbraucht, so dass nun einige ungenaue Züge auf Brett kamen. Die gegnerische Dame fischte einige Bauern ab und nach einem Großabtausch konnte Gerd nur noch seinem Gegner zum Sieg gratulieren. 2,0:4,0

Tja das war es mit dem Mannschaftssieg – nun hieß das Zauberwort Schadensbegrenzung. Kai hatte schon ein gewonnenes Endspiel auf dem Brett gehabt und Dennis … ohne Worte.

Frisch gestählte von der LEM spielte Kai eine starke Partie und konnte schon aus der Eröffnungsphase Raumvorteil für sich verbuchen. Doch die gegnerische Stellung hielt und Kai musste viel Geduld und eine Menge Bedenkzeit einsetzen. Doch für seine Verhältnisse hatte Kai ja noch ne Menge Zeit auf der Uhr. Erst im Leichtfigurenendspiel konnten seine Truppen einen Mehrbauern abfischen und diesen dann sehr souverän zum Sieg verwerten. Eine klasse Partie.
3,0:4,0.

Zu Dennis Partie möchte ich eigentlich nicht so viel sagen. „Ich achte mehr auf meine Zeit“ – „diesmal gibt es keine Zeitnot.“ – „heute brauchst du dir keine Sorgen um mich machen.“ Solche und ähnliche Aussagen bekomme ich jedes Mal zu hören. Die Tatsache sieht dann ein wenig anders aus. 21 Sekunden für die letzten 5 Züge – umgerechnet 4 Sekunden für einen Zug. Selbst beim 5-Minuten Blitzen hat man durchschnittlich mehr Zeit. Ich war wirklich nicht gut drauf gewesen, nachdem ich ja schon meine Partie böse in den Sand gesetzt hatte. Nun musste ich förmlich meine Fingernägel in die Stuhllehnen pressen, damit ich nicht aufsprang und Dennis zu mehr Tempo aufforderte.
Als sich der gesamte Pulverdampf verzogen hatte, konnte Dennis glücklich die Partie für sich verbuchen.
4,0:4,0

Und was soll ich sagen – Braunschweig hatte tatsächlich verloren. Mit einem Sieg gegen Hannover hätten wir es in der eigenen Hand gehabt. So gibt es noch eine kleine Chance den Wiederaufstieg zu schaffen. Doch wir müssen viel, viel Schützenhilfe von anderen Vereinen bekommen und erstmal unsere eigenen Wettkämpfe gewinnen. Man oh man, was für eine Saison.

5 Kommentare

  1. Nochmal ein paar Erkenntnisse zu unserem Mannschaftskampf gegen die Schachfreunde Hannover:

    siehe auch:
    http://blog.schachfreunde-hannover.de/kein-guter-tag-fuer-mannschaftsfuehrer-dennoch-4-4-gegen-hameln/

    Das Endspiel von Dennis war lange Zeit Remis laut Tablebases und erst nach einem Fehler im 49. Zug theoretisch verloren, wobei man das Matt in 40 Zügen!! auch erst mal zielsicher am Brett finden muss, bevor die 50-Züge Regel greift oder das Plättchen von Dennis endgültig zum Fallen kommt.

  2. Ich bin ganz erstaunt dass Kai seine Zeit so im Griff hatte. Nach der LEM wo noch im Fischermodus gespielt wurde müsste man eigentlich mit Zeit verwöhnt sein. Da lässt sich die Zeitnotphase noch etwas gelassener angehen. Dafür waren Probleme bei Dennis zu sehen. Zwischenzeitlich hatte ich vergessen dass er nach 60 Zügen noch einmal 30 Minuten dazu bekommt. Da hatte ich einen leichten Herzkasper.

  3. Würde sagen, das hört sich nach Glück im Unglück an. Ein Punkt ist besser als keiner, aber wie die Schachfreunde Hannover auf ihrer Seite passend anmerken, war es für beide Mannschaften im Sinne des Aufstiegskampfes ein Punktverlust.
    Drücke euch die Daumen, dass es vielleicht doch noch klappt mit dem Aufstieg…

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