QUO VADIS? – Vorschau auf die kommende Oberliga-Saison

So, nachdem das große Blitzturnier in Hildesheim vorbei ist, können wir uns auf kommende Aufgaben konzentrieren. Als erstes wäre da natürlich die neue Schachsaison 2018/19 in der Oberliga. Nach dem Aufstieg von Lingen und den Abstiegen von Werder Bremen 3, SG Bremen und Göttingen hat sich die Liga wieder aufgefüllt. Tostedt und Hannover 96 sind aufgestiegen. Oldenburg und Werder Bremen 2 sind die Abstieger. Was erwartet uns also?

Das ist relativ einfach gesprochen. Wenn wir beim Boxen wären, würde man die Mannschaften so einteilen: Wir haben zwei Schwergewicht-Champions mit Werder Bremen 2 und Tostedt, die einen ELO Schnitt von über 2400 an den ersten 8 Brettern bringen. Dass die beiden Teams den Aufstieg unter sich ausmachen ist so sicher, wie dass Bayern München Meister in der Fußball-Bundesliga wird. 😉 Sechs Teams treten im Mittelgewicht an: Lister Turm, Nordhorn-Blanke, Oldenburg, Delmenhorst, Heller und Hannover 96. Alle Team haben so Elo 2200 +/- ein paar Punkte. Dann wäre dann noch die beiden Vereine in der Gewichtsklasse Leichtgewicht. SF Hannover und wir die einen Eloschnitt knapp über 2100 haben. Immerhin konnten wir diesmal die rote Laterne nach Hannover abgeben. Das lag allerdings nicht daran, dass sich unsere Mannschaft sie so toll verbessert hatte, sondern eher das SF Hannover einen größeren Aderlass hatte.

Immerhin hat diesmal unser Mannschaftsführer die Saisonziele ein wenig nach unten korrigiert. Sollten wir letztes Jahr noch aufsteigen, hat Kai diesmal „nur“ Platz 3 ausgegeben. Das hört sich doch machbar an. 🙂 Gut, die beiden topgesetzten Teams werden vermutlich noch davon kommen, aber die Teams im Mittelgewicht werden wir sicher voll angreifen können. Schließlich konnten wir letztes Jahr Nordhorn-Blanke und Hellern ein Bein stellen. Und gegen Lister Turm und Delmenhorst hatten wir nur knapp mit 3,5 Punkten verloren.

Allerdings wird wohl das Schlüsselspiel das „Leichtgewichts-Finale“ in Hannover in der ersten Runde sein. Dann kann man vieles klarer sehen: Harten Abstiegskampf oder Kampf um Platz 3.
Vorausgesetzt dass Lingen in der 2.Bundesliga ernst macht und den Aufstieg in die 1.Bundesliga anpeilt. Die Mannschaft hat nachgelegt, von daher kann man ausgehen, dass es nur einen Absteiger aus der Oberliga gibt. Und was wird dann noch passieren? Wie sind die Zukunftsaussichten?

In der Landesliga Nord stapeln sich die Mannschaften mit besonders vielen Ambitionen. Mit Kirchweyhe, Lilienthal und Esens haben sich gleich drei Team mit Titelträgern vollgesaugt, alle mit einem ELO Schnitt von ca. 2400. Dagegen sehen ja die möglichen Aufsteiger aus der Landesliga Süd richtig niedlich aus. 😉 Im Umkehrschluss heißt das, die Jahre in der Oberliga werden härter werden. Was soll man machen? Aufrüsten wie die anderen Teams oder sich seinem Schicksal fügen? Wir hatten diesen Sommer auch Angebote unser Team durch mehrere osteuropäische Titelträger für kleines Geld zu verstärken. Damit man so den Rahmen kennt, wir reden von ca. 5000 € für zwei Spieler für die komplette Saison. Das ist doch Wahnsinn. Natürlich haben wir abgelehnt, das Geld investieren wir lieber in Trainingstunden. Andere Oberliga-Mannschaften sehen das wohl anders und setzen Geld ein. Oder nutzen ihren natürlichen strategischen Vorteil zum Beispiel Klein-Holland…. ups ich meinte natürlich Nordhorn-Blanke. Wenn man noch das Team vor zehn Jahren ansieht, damals waren zwei holländische Titelträger in der Setzliste der Top 8 und heute mit sechs Holländern im Team kann man eine drastischen Umbruch erkennen. Jetzt sagt man vielleicht, „ach die spielen nicht immer“ – na ja letztes Jahr hatten wir fünf Holländer in Hameln begrüßen können.
Und wieder frage ich mich, was bringt das dem Verein? Warum so viele Auswärtige holen? Für das schnelle Glück? 😉

Da fällt mir sofort die traurige Geschichte von Stadthagen ein. Schon vor über dreißig Jahren duellierten sich unsere Vereine. Damals spielte ich noch in den Jugendmannschaften. Später als Jugendwart mussten meine Jugendmannschaften Wettkämpfe gegen Stadthagen spielen. Dann, so Ende der 80er, hatte ich meine Duelle in der Ersten Mannschafte in der Oberliga/Regionalliga. Bis dann ein Spieler / Mäzen aus Stadthagen ein bisschen Geld übrig hatte. Er kam auf die Idee, seinem Verein etwas Gutes zu tun und pumpte ein bisschen Geld in das Team. Neue Leute wurden verpflichtet und der Aufstieg in die 2.Bundesliga klappte. Dann musste geldmäßig noch ein wenig nachgebessert werden und in der Saison 1991/92 gelang tatsächlich der Aufstieg in die 1.Bundesliga. War das schon der Olymp? Nein, da geht doch noch was. Also noch mal tief in den Geldbeutel gegriffen und neue Titelträger geholt. Wenn ich mich richtig erinnere war damals SF Schirm der Einzige aus dem Aufstiegskader, der dann einen Stammplatz hatte. Gut, 9 Punkte aus 9 Partien in der 2.Bundesliga waren schon klasse gewesen. Am Ende kam Platz 4 heraus. Wow! Aber das geht doch besser. Also noch mehr Taler verbrannt und schon spielte zum ersten Mal in der Geschichte der amtierende Schachweltmeister – damals Anatoli Karpow – in der höchsten deutschen Schachliga. Platz 3 kam zum Schluss raus. In der Saison 1994/95 zog sich Stadthagen nach zwei Runden aus dem Spielbetrieb zurück. Es herrschte wohl Ebbe in der Kasse. So nun kann man raten: Bleiben die ganzen Großmeister? Mhhm…… nein! Wie sieht es mit den damaligen Spielern, die den Verein in die 2.Bundesliga gebracht hatte? Mhm….. na ja wohl kaum!

Ich glaube mich zu erinnern, dass Stadthagen dann ein Jahr später in der Oberliga gestartete. Mit einem sehr verjüngten Team. Auf jeden Fall wurde die Mannschaft runtergereicht, bis sich das Team in der Verbandsliga stabilisiert hatte. Jahre später gab es mal eine kurze Fusion mit Bückeburg, die allerdings nicht lange hielt und der Abstieg ging weiter. Heute knapp 25 Jahre nach dem größten Triumph ihrer Vereinsgeschichte spielt Stadthagen in der ….. *Trommelwirbel* Kreisklasse West im Bezirk 1. 🙁

Wikipedia sei gedankt, dass man die Bundesliga-Ergebnisse von damals nachlesen kann. Eine Sache sei trotzdem erwähnt. Jeder darf mit seinem Geld machen, was er möchte. Dieses Recht will ich niemadnen absprechen. Doch möchten die meisten Menschen das schnelle Glück als eine langsamen Aufstieg? Das ist natürlich nur meine ganz persönliche Meinung. Jeder darf etwas dazu sagen. 🙂

6 Kommentare

  1. „Damit man so den Rahmen kennt, wir reden von ca. 5000 € für zwei Spieler für die komplette Saison. Das ist doch Wahnsinn. Natürlich haben wir abgelehnt, das Geld investieren wir lieber in Trainingstunden. Andere Oberliga-Mannschaften sehen das wohl anders. Zum Beispiel Klein-Holland …. ups ich meinte natürlich Nordhorn-Blanke. Wenn man noch das Team vor zehn Jahren ansieht, damals waren zwei holländische Titelträger in der Setzliste der Top 8 und heute mit sechs Holländern im Team kann man eine drastischen Umbruch erkennen. Jetzt sagt man vielleicht, „ach die spielen nicht immer“ – na ja letztes Jahr hatten wir fünf Holländer in Hameln begrüßen können.“

    Lieber Lutz: Auch wir in „Klein-Holland“ wie du uns liebevoll nennst sehen das nicht anders als ihr und sind mit Sicherheit kein Verein der Titelträger mit finanziellen Mitteln anlockt (Koen Lambrechts hat von sich aus gefragt ob er wieder für uns spielen darf…) Aufgrund der Nähe (Anfahrtszeit unter 30 Min) ist es ja logisch das schachbegeisterte Niederländer auch einen Verein in Deutschland suchen, der möglichst hoch spielt … Und wenn man die letzten Jahre betrachtet sieht man das es doch zumeist mindestens ein 50-50 Verhältnis zwischen Deutschen/Holländern besteht (eher Tendenz mehr Deutsche …) Zudem spielt unser Spitzenspieler Frank Kroeze mittlerweile seit gefühlten 33 Jahren (so alt bin ich 🙂 ) für uns und ist quasi für mich und viele andere SF`s ein Nordhorner … Daher verstehe ich den Ansatz mit „Klein-Holland“ nicht so ganz … Da gibt es ganz andere Vereine die Geld in die Hand nehmen …

    1. Das Thema hat doch Potenzial zum Diskutieren – sehr schön!

      Also bei Nordhorn sehe ich die Nähe zur holländischen Grenze auch eher als Standortvorteil – und warum sollte man den nicht nutzen, wenn die Spieler anfragen bzw. quasi schon zum Inventar gehören. 😉

      Letztendlich freut sich ein Verein ja über solche Anfragen. Hameln hat es da mit der Nähe zu Hannover eher schwierig. Junge und talentierte Leute finden beruflich eher etwas in der Großstadt, die zudem mehr (abseits vom Schach) zu bieten hat. Daher kann es oft nur das Klima im Verein und das gesellige/freundschaftliche Miteinander außerhalb der Vereinsabende richten, die einem neuen Spieler anlocken – gepaart mit der Spielstärke/Spielklasse, um sich selbst weiterzuentwickeln und auf einem „passenden“ Niveau zu spielen.

      Ich würde z.B. nicht in Würzburg (mein aktueller Wohnsitz) spielen wollen, weil dort kein stimmiges Vereinsklima herrscht – zumindest habe ich das so noch nicht mitbekommen bei meinen wenigen Besuchen. Und es wäre für mich mehr als komfortabel. Da reise ich lieber nach Hameln und verbringe dort ein schönes Schachwochenende mit Freunden.

      Das mit dem lieben Geld ist immer eine spezielle Sache und muss fallbezogen betrachtet werden. Grundsätzlich halte ich da auch wenig von. Aber wer sträubt sich schon dagegen, wenn einem jmd. einen solchen Vorschlag macht bzw. ein konkretes Angebot unterbreitet. Es sind in der Regel (hoffentlich) Vereine, die eine solche Entscheidung gemeinschaftlich treffen, damit den übrigen Schachfreunde nicht vor den Kopf gestoßen wird. Aber wir wissen ja auch: man kann es nicht allen recht machen… Eine solche Entscheidung sollte in jedem Fall bewusst und langfristig getroffen werden, da einiges dran hängt – siehe Beispiel Stadthagen.

  2. Fabian, vielen Dank für deine Antwort. Wie ich schon so häufig sagte, ich akzeptiere und respektiere andere Meinungen, teile sie aber nicht immer. Gerne würde ich noch andere Meinungen hören. Habe Fabian schon eine Antwort-eMail gesendet.

  3. So der Bericht wurde aktuallisiert. Ich finde auch, dass es ein gutes Thema ist zum diskutieren. Ähnlich wie im Profifussball, wo Scheichs und andere Mäzen Millionen in die Vereine pumpen und sie als persönliche Spielzeuge betrachten.

  4. Ich erinnere mich gern an die Saison 2009/10 in der Verbandsliga Ost, wo ich in Northeim an Brett 1 gegen GM Yevgen Miroshnychenko (DWZ 2600+) spielen durfte.
    Auch die folgenden 4 Bretter kamen in den Genuss gegen GMs antreten zu dürfen (darunter auch die legendäre Partie von Jonas Kaiser, der gegen die WGMM Tamara Klink ein Remisangebot ausschlug und eindrucksvoll gewann).
    Mir persönlich hat es Spaß gemacht, wann hat man schon mal die Gelegenheit als kleiner 2000er gegen einen GM eine Turnierpartie spielen zu dürfen inkl. anschließender Kurzanalyse und kleinem Plausch, ohne selbst viel Geld in die Hand nehmen zu müssen… (für derartige „kostenlose“ Trainingseinheiten bin ich immer zu haben 🙂 )

    Naja, für die SW Northeimer war glaube bereits eine Saison später Schluss, zumindest taucht die Mannschaft in den höheren Ligen in der folgenden Saison nicht mehr auf.

    Aus meiner Sicht kommt es immer darauf an wie „eingekaufte“ Spieler in der Verein integriert werden und wie die anderen Vereinsmitglieder dazu stehen.

    Unschön, und daher aus meiner Sicht zu vermeiden, ist sicherlich, dass jahrelange Stammspieler vor den Kopf gestoßen werden, weil sie wegen irgendwelcher Zukäufe degradiert werden und ihren Stammplatz räumen müssen. Dies führt zwangsläufig dazu, dass diese Spieler sich einen anderen Verein suchen, wo sie wieder auf gewohntem Niveau spielen können.

    Ganz anders sieht es aus, wenn „Lücken“ entstanden sind, die von den bestehenden Mitgliedern heraus nicht gefüllt werden können oder wollen.

    Nicht unerwähnt bleiben sollte, dass auch der Hamelner SV – solange ich mich zurückerinnert kann (Anfang 90er Jahre) – immer aktive Vereinsmitglieder hatte und hat, die ihren Wohnsitz nicht in der Nähe von Hameln hatten/haben.
    Derzeit allen voran Dennis, gefolgt von Matthias und Wilfried, um die drei weitentferntesten zu nennen. Aber auch andere Schachfreunde nehmen jedes Mal Anreisen von 50km und mehr auf sich, um an Vereinsabenden teilzunehmen.
    In der Vergangenheit haben Morten und der Doc jahrelang für Hamelns Erste gespielt und Schubi ist aus Wolfsburg angereist, um in unserer Zweiten zu spielen. Anfang der 90er, in Zeiten der 2. Bundesliga, waren die ersten beiden Bretter von zwei Schachfreunden (ich meine) aus Dänemark besetzt (korrigiert mich bitte, wenn ich mich irre, zu der Zeit war ich noch Jugendspieler)…

    Persönlich freut es mich sehr, dass „unser kleiner Provinzverein“ ein Einzugsgebiet von derartiger Größe hat, welches weit über unsere Regionalen Grenzen hinausgeht. Auch wenn ich selbst nicht Teil der Ersten Mannschaft bin, erfüllt es mich mit Stolz, sagen zu können, dass unsere Erste auf Oberliga Ebene spielt. Ebenso sieht es mit persönlichen Einzelerfolgen einzelner Vereinsmitglieder aus. Deshalb kann ich durchaus nachvollziehen, dass der ein oder andere sich wünscht, von seinem Verein lesen können, dass er bei den „großen“ Bundesliga Vereinen mitmischt.

    Aber ganz ehrlich, in den meisten Fällen versiegt die Geldquelle schneller als gedacht und der kurze Ruhm kehrt sich ins Gegenteil.

    1. Ja damals, die gute alte Zeit. Wenn ich mich nicht ganz irre, war ich damals 2.Vorsitzender gewesen. Und genauso wie heuzutage hatte ich damals Kurt gesagt „Wir zahlen für Einsätze kein Geld.“ Die Dänen hatten wir Morten zu verdanken, der viele Verbindungen nach Skandinavien hatte. Und wir hatten vorher alle Spieler aus der Ersten gefragt, ob das in Ordnung wäre. Es war schon vorher abzusehen, dass unsere Zeit in der 2.Bundesliga recht kurz sein würde. Und die Schwalbe flog nur einen Sommer. 😉 Danach löste sich die Verbindung in Wohlgefallen auf und wir konnten alles wieder in der Oberliga spielen.

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