NDBMM 2018 oder „Die Rückkehr nach Wittenberge“

Es begab sich zu der Zeit, als… Nein, soweit vorne fangen wir heute mal nicht an.

Durch einen mysteriösen Umstand wurde uns für die Norddeutsche Blitzmanschaftsmeisterschaft 2018 in Wittenberge ein Freiplatz angeboten – obwohl wir uns bei der LBMM nicht qualifiziert hatten und neben uns noch sechs weitere niedersächsische Teams vertreten waren. Kurz gesagt: So ein Angebot lehnen wir natürlich nicht ab. Nach der offiziellen Bestätigung der Teilnahme durch den Turnierleiter trommelte Kai ein Team zusammen, das dem Teilnehmerfeld Paroli bieten und evtl. sogar einen Qualifikationsplatz für die Deutsche erspielen sollte. Wilfried und Adrian hatten leider bereits andere Verpflichtungen und Lutz war gesundheitlich angeschlagen. Somit standen neben Kai noch Matthias, Dennis und Igor auf der Besetzungsliste. Jeder Blitz-Mannschaftswettkampf ohne Willi an Brett 1 ist ein herber Rückschlag aber wir hatten ja noch zwei Wochen Zeit, um uns in „extreme Topform“ zu versetzen – so fordert es Kai zumindest von uns. 😉 Als dann auch noch Igor absagte, war guter Rat teuer. Aber Kai hatte bereits unseren Youngster Yannick mobilisiert. Die Aufstellung war gesetzt!

Es ging also wieder einmal nach Wittenberge (die Stadt ohne direkte Autobahnanbindung, wenn man aus dem Westen kommt), wie auch schon im Jahr 2014. Die Strecke war daher bekannt und wir wussten, dass Kai im Notfall die eine oder andere Minute hinausfahren würde. Um 7.20 Uhr starteten Kai und Dennis die Fahrt, um auf die Minute genau Matthias in der Nähe von Braunschweig einzusammeln – was für eine Planung! Ein paar Warnleuchten blinkten zwar gelb auf, aber solange keine auf rot wechselte… Augen zu und durch. Wir müssen zum Schach!

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Ziel eingegeben und los geht die Fahrt. Kai am Steuer, das wird t… 😀

Yannick war das Wochenende in Leipzig, um sich kulturell weiterzubilden und fuhr am Sonntag seine Pflicht erfüllend direkt nach Wittenberge. Die Autobahn war frei, die Geschwindigkeitsbegrenzung nicht vorhanden (hoffen wir es mal!) und so zogen wir ca. 200 km durch die bekannte „Einöde“. Auf der Fahrt ließen wir die letzten Teilnahmen an den Deutschen sowie Norddeutschen Revue passieren und amüsierten uns über Kai’s regelmäßige Anlaufschwierigkeiten. Obwohl wir uns recht nah an der zugelassenen Höchstgeschwindigkeit orientierten, kamen wir bereits um 10.05 Uhr (Start um 11.00 Uhr) in Wittenberge an. Das Spiellokal fanden wir dank der Teilnahme in 2014 umgehend und schon waren wir im Inneren verschwunden. Die Mannschaft wurde angemeldet, wir standen auch schon auf der Liste und die restliche Zeit verbrachten wir am kalten Buffet und mit dem Warm-Blitzen.

Da in der Ausschreibung leider keine Angaben hinsichtlich der Regeln (neue oder alte) sowie Bedenkzeitregelung gemacht wurden, mussten wir uns kurzfristig auf das „3Min+2Sek“-Blitz einstellen. Wenn man 5-Minuten Partien gewohnt ist, ist das schon eine recht große Umstellung. Die Zeit drückt permanent und mal kurz für ne Minute in die Stellung gucken ist nahezu nicht möglich. Aber wir sind ja flexibel und so hatten wir uns recht schnell damit angefreundet – auch in der Hoffnung, dass es vielleicht insgesamt schneller gehen würde… Die neuen Regel besagen, dass erst der zweite irreguläre Zug die Partie verliert und beim ersten eine Zeitgutschrift für den Gegner (1 Minute) erfolgt. Aus unseren Gedanken, dass wir vielleicht etwas früher nach Hause kommen würden, wurde also nichts.

Die folgenden Teams aus Niedersachsen waren vertreten:
– HSK Lister Turm
– MTV Tostedt
– SK Nordhorn Blanke
– SG Osnabrück
– SK Ricklingen
– SK Rinteln
– Hamelner SV

Ein spannender Wettkampf sollte beginnen…

… und der braucht bekanntlich eine gewisse Anlaufphase. Gegen Turm Kiel und Pauli gab es noch böse 0,5-3,5 Niederlagen, gegen die SF Nord-Ost-Berlin wurde es mit 1,5-2,5 nur minimal besser. In Runde 4 gelang dann endlich der erste Mannschaftssieg gegen die „Lok Brandenburg“. Wir wurden aber danach direkt wieder gedämpft mit zwei Klatschen gegen den HSK und die Schachfreunde Berlin. Aber damit waren ja schon zwei sehr starke Teams weg. Man waren die gut drauf.

Im folgenden Niedersachsenduell gegen Osnabrück konnten wir dann unsere Niederlage von der Landesmeisterschaft wieder gut machen mit einem 2,5-1,5 Sieg, verloren aber das anschließende Duell gegen unsere Freunde aus Nordhorn. Hätte Brett 4 in dieser Phase etwas mehr gepunktet, wäre da auch mehr drin gewesen. Trotzdem konnten wir dann vor dem Spielfrei in Runde 11 noch zwei schöne Siege gegen Schwerin und Güstrow einfahren.

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Der Spielsaal und seine Gefangenen – zumindest für 7 Stunden.

In der Pause wurde dann einmal kurz die Lage sondiert, und die Ziele etwas angepasst. Ok, die ersten 8 dürften nicht mehr drin sein, vielleicht lieber nicht auf die letzten 8 Plätze kommen. Und nach der Unterbrechung legten wir schön nach mit zwei 3-1 Siegen gegen Greifswald und Diagonale Hamburg, die uns in der Zwischenwertung wieder nach vorne brachten. Es ging jedoch nicht wirklich gut weiter. Es folgten ein Remis gegen Turm Harksheide und 4 Verluste hintereinander gegen starke Bremer, Potsdam, Todtedt und gegen König Tegel. Gegen Tegel war es dann tatsächlich die erste 0-4 Klatsche. Nur nicht selber den Audi machen oder olympisch werden war die Ansage! (4 oder 5 Mal am Stück verlieren). Dann waren 2 Drittel vorbei. Es wurde nicht unbedingt besser, trotz Dennis‘ sehr starker 4er-Serie aber der Optimismus der vorderen beiden Brettern war ungebrochen. Und es wurde auch tatsächlich besser.

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Ein Blick von oben auf das heitere Treiben während der Freirunde.

Der Aufwind kam mit einem 2-2 gegen Oberschöneheide und einem schönen 4-0 gegen Schwerin II, die zwei Mannschaften für die Ausrichtung bekamen. Auch Rostock besiegten wir 2,5-0,5. Gegen unsere Nachbarn aus Rinteln, die ohne Sebastian Plischki auskommen musste, spielten wir dann ein etwas unglückliches Unentschieden. Kein Problem, denn dann kamen   Siege gegen Potsdam Mitte, Werder Bremen II und Norderstedt. Schön war der Sieg im Niedersachsen-Duell gegen Lister Turm, die wir mit 3-1 bezwingen konnten. Ein versöhnliches 2-2 gegen Ricklingen und ein 3-1 Sieg gegen SK-Weiße Dame rundeten das Ergebnis für uns ab. 27-29 Mannschaftspunkte und 56 Brettpunkte heißen am Ende Platz 13 von 29 für uns.

NBMM2018
Download Tabelle als PNG

Ein Blick auf die Tabelle verrät, dass es eine sehr gute Platzierung ist. Für die Qualifikation wäre es aber bei diesem Feld auch mit einer stärkeren Mannschaft sehr schwer geworden (12 MP Differenz zu Platz 10). Trotzdem hatten wir viel Spaß und haben viel gelacht.

Die Einzelergebnisse:
– Matthias: 15/28 (ein ordentliches Ergebnis)
– Kai: 11,5/28 (Brett 2 ist schon ne harte Nummer bei dem Teilnehmerfeld)
– Dennis: 17,5/28 (kann sich ebenfalls sehen lassen)
– Yannick 9,5/28 (am Ende wurde Yannick leider erst so richtig warm)

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Das Dream-Team (vlnr): Yannick (#4), Dennis (#3), Kai (#2), Matthias (#1) –
aufgenommen von SF Frank Buchenau

Dann ging es zurück, wieder durch den tiefsten Osten. Auch mit den tollsten Fahrkünsten von Kai hätten wir es nicht mehr geschafft Dennis um 20:20 in Hildesheim abzusetzen, dafür ging es am Ende zu lang, so fuhr er wieder mit nach Hameln und Matthias wurde in Braunschweig abgesetzt. Am Ende durften wir alle stolz und erledigt sein von diesem Trip an das gefühlte Ende der Welt. Vielleicht findet es ja mal in Hannover statt, dann muss man als Niedersachse nicht so weit fahren 😉

Schlussbemerkung zum Modus und Regeländerung

Das Turnier bot regeltechnisch zwei Besonderheiten. Einmal wurde mit 3+2 anstatt 5+0 Minuten gespielt, das heißt es gab einen Aufschlag von 2 Sekunden pro Zug. Das bringt einen etwas anderen Spielfluss mit sich. Man kann Leute viel schwieriger „in ausgeglichenen Stellungen“ über die Zeit heben, was blitzen ja zum einen ausmacht. Andererseits werden vermutlich mehr technische Gewinnstellungen auch realisiert, was sehr positiv und auch im Sinne des Schachspiels ist. Von daher ein Modus den man ruhig einmal im Verein ausprobieren könnte.

Etwas gespannter waren wir auf die Behandlung der Fälle, in denen jemand einen falschen Zug macht. Denn dieser wird nicht mehr mit Verlust bestraft, sondern durch eine Zeitgutschrift von einer Minute ausgeglichen. Das wurde ja auf der Homepage schon lebhaft diskutiert. Deshalb fragte Matthias bei Jürgen Kohlstädt vorher auch zur Sicherheit nochmal nach.

Und es kam schon zu einigen unmöglichen Zügen in den Zeitnotphasen. Da der Schiedsrichter auch nicht wirklich neben einem steht im großen Spielsaal muss man den erstmal heranholen. Das unterbricht ungemein den Spielfluss und die Konzentration. Zum anderen gaben einige Gegner auch einfach so auf, bei Stellungen die sonst auch weitergespielt werden nach dem Motto „ich gebe auch so auf“. Das kam auch mehrmals vor. Von dieser Warte heraus finde ich diese Regeländerung etwas schwierig

Ein Dank an die Helfer/innen

An dieser Stelle möchten wir uns noch beim Ausrichter, den Hilfskräften und der Turnierleitung für die gute Organisation und Bewirtung in Wittenberge bedanken. Das gesamte Turnier erfolgte ohne größere Zwischenfälle und es war alles in allem eine sehr angenehme Spiel-Atmosphäre. Vielen Dank!

Live-Einblicke by Yannick Koch

Hamelner SV gegen SF Nord-Ost Berlin
Unsere niedersächsischen SF aus Nordhorn-Blanke
Wir hoffen, dass sich alle dargestellten Schachfreunde damit einverstanden erklären, hier auf unserer Website (Video + Bild) gezeigt zu werden. Immerhin fördern wir damit Schachspiel an sich und machen es besser erlebbar!

Links

Bericht auf schachbund.de
Bericht auf chessbase.com
Bericht der SF Schwerin


Ein Beitrag von Y. Koch und D. Schmidt

11 Kommentare

  1. Schöner Bericht – gute Fotos. Dafür das wir im Prinzip ein Grande ohne drei gespielt haben, ist die Platzierung doch recht gut gewesen. Ich frage mich immer noch, warum wir eigetnlich diesen „Freiplatz“ bekommen haben, da die anderen Mannschaften aus Niedersachsen auch dabei gewesen waren. Nächstes Jahr machen wir es besser.

    1. Einige Landesverbände, wie z.B. der Bremer Schachbund haben Ihr Kontingent an Teilnehmern nicht voll ausgeschöpft. Daher vermute ich mal, das die freigewordenen Plätze unter den anderen Landesverbänden aufgeteilt wurden und wir somit als erster Nachrücker in Niedersachsen letztendlich den Zuschlag erhalten haben.

      @Dennis/Yannick: Toller gemeinschaftlich erstellter Erlebnisbericht. Bindet Ihr die gemachten Videos aus Wittenberge noch ein?

  2. Ich bin mal auf die Einzelauswertung gespannt. Laut Turnierleiter wird es diese wieder für das Turnier geben. Dann sieht man auch, gegen welchen Schnitt und welche Gegner man gepunktet hat. Den ein oder anderen Skalp haben wir auf jeden Fall mitgenommen… 😉

    1. 17,5 Punkte am Mädchenbrett zu sammeln ist auch recht brauchbar. Man muss natürlich mit diesem Zeitmodus klar kommen. Muss ehrlich sagen, dass ich ihn noch nie gespielt habe.

      1. Danke für die Blumen… Ein paar blinde Einsteller waren natürlich noch dabei. Mein geheimes Ziel war die 20. Aber die nächste NDBMM kommt ja. 😉 Der Modus ging dann nach den ersten 10 Runden erstaunlich gut von der Hand. Man spürt zwar immer die Zeit im Nacken, aber ohne Druck ist es ja bekanntlich auch langweilig.

  3. Und hier noch die Einzelperformance.

    Gegnerschnitt von Brett 1-4
    #1 2248
    #2 2180
    #3 2118
    #4 2099

    Matthias
    Erzielte Punkte: 15.0/28
    Gegnerschnitt: 2248
    ELO-Performance: 2282
    Gewinnerwartung: 15.565/28
    Ihre neue ELO: 2275.7 (-11.3)

    Kai
    Erzielte Punkte: 11.5/28
    Gegnerschnitt: 2180
    ELO-Performance: 2104
    Gewinnerwartung: 13.115/28
    Ihre neue ELO: 2125.7 (-32.3)

    Dennis
    Erzielte Punkte: 17.5/28
    Gegnerschnitt: 2188
    ELO-Performance: 2299
    Gewinnerwartung: 8.508/28
    Ihre neue ELO: 2223.8 (+179.8)

    Yannick
    Erzielte Punkte: 9.5/28
    Gegnerschnitt: 2099
    ELO-Performance: 1963
    Gewinnerwartung: 10.794/28
    Ihre neue ELO: 1992.1 (-25.9)

  4. Mittlerweile sind mehrere Berichte zur Norddeutschen Blitzmannschaftsmeisterschaften 2018 in Wittenberge veröffentlicht:

    Chessbase
    https://de.chessbase.com/post/dominanz-hsk-gewinnt-norddeutsche-blitzmannschaftsmeisterschaften

    Deutscher Schachbund – Jede Menge Ergebnisse
    https://www.schachbund.de/spielbetrieb-news/hamburger-sk-gewinnt-die-39-norddeutsche-blitz-mannschaftsmeisterschaft.html

    Labdesschachverband Mecklenburg-Vorpommern – Meisterschaftsübersicht
    http://www.lsvmv.de/turnierseite-des-lsv-mv.php?section=norddeutsche_blitz_mannschaftsmeisterschaft

    SF Schwerin – Kurzbericht
    http://www.sf-schwerin.de/news/

    Empor Potsdam – Kurzbericht
    http://emporblog.de/

    SF Hannover – Interessanter Hintergrundbericht zum Norddeutschen Schachverband
    http://www.schachfreunde-hannover.de/ist-der-norddeutsche-schachverband-ein-papiertiger/

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