Die erste Mannschaft wurde nicht von Fortuna geküsst – verdiente Niederlage in Bremen

Aus dem Tagebuch eines Mannschaftsführers…

Am sechsten Spieltag musste unsere 1. Mannschaft in Bremen beim Bremer SG antreten. Anders als im letzten Jahr war diesmal das Wetter nicht so chaotisch, sodass wir nach gut 2 Stunden Fahrzeit sicher ankamen. Obwohl sich Kai auf der Autobahn knapp 10 Minuten Vorsprung herausgefahren hatte, war mein roter Blitz vor ihm am Spielort. Entweder das Volvo-Navigationsgerät ist besser, oder es liegt doch am Fahrer. 🙂

Die Aufstellung lautete:

Bremer SG – Hamelner SV

Borik, Otto – Bode, Wilfried
Hundack, Rolf – Schirm, Friedmar
Zeitlein, Michael – Renner, Kai
Issing, Peter – David, Adrian
Juhnke, Karl – van Son, Lutz
Peters, Frank – Schmidt, Dennis
Rust-Lux, Klaus – Kaiser, Gerhard
Giel, Olaf – Koch, Yannick

Wir hatten einen Elo-Schnitt von 2178, unsere Gegner von 2220. Doch wenn man auf die DWZ-Zahlen blickte, war der Vorsprung nicht mehr ganz so groß. Trotzdem waren wir wieder nominell die schwächere Mannschaft.

Den ersten halben Punkt holte Wilfried, der nach der Eröffnung eine ausbaufähige Stellung hatte. Sein Läuferpaar sah schon recht kräftig aus und am Damenflügel besaß er Raumvorteil. Doch der richtige Durchbruch gelang nicht und so einigte sich Wilfried mit dem IM auf ein Remis.
0,5:0,5

Es folgten erfreuliche Nachrichten. Gerhard hatte in der Eröffnung einen Bauern geopfert und dafür kräftiges Spiel bekommen. Der Bauer wurde wieder eingesammelt, der Angriff blieb. Mit einer schönen Schlusskombination wurde der Sieg sichergestellt. Toll gespielt und den vollen Punkt eingefahren. Das möchte ich gerne häufiger sehen.
1,5:0,5

Das hörte sich zwar ganz gut an, doch auf den anderen Brettern hatten wir massive Probleme zu lösen. Die Definition eines „schlechten Läufers“ hatten wir bei Adrian auf dem Brett, Dennis und ich hatten einen Minusbauern, Friedmar sogar eine Figur gegen einen Bauern weniger, Kai bezeichnete seine Stellung immer als ausgeglichen, doch wir wissen ja, dass seine Stellungsbewertung nicht immer objektiv ist. Ich fand sie hochriskant und bei Yannick hatten wir eine schwierige Verteidigungsstellung. Das roch nach einer bösen Packung für uns.

Nachdem Kai letztes Jahr den Großmeister-Skalp aus Bremen mitnehmen konnte, war er auch diesmal hoch motiviert. Die Partie nahm rasant an Schärfe zu. Hier wurde eine Figur angegriffen, dort ein Bauer gefesselt, danach ein Flankenangriff, dann einen direkten Königsangriff. Es war einiges auf dem Brett los und Kai’s König war schön in der Mitte geblieben. Dann wurde viel getauscht und es entstand tatsächlich eine ausgeglichene Stellung mit gleichem Material. Da waren beide Seiten froh ein Remis zu bekommen.
2,0:1,0.

Tja, meine Partie war eigentlich anders geplant. Aus der Eröffnung kam ich einigermaßen raus und hatte eine vernünftige Figurenentwicklung. Mein Gegner hatte einen hängenden Bauern, doch wohl die besseren positionellen Ideen. Ich rechnete an einen Springerausfall: „Konnte mein Gegenüber mit einem Springereinschlag im Zentrum Material gewinnen? Nein.“ Ein klassisches Qualitätsopfer auf c3 nebst Se4: war auf dem Brett: „Geht das? Nein.“ Also zog ich meinen Springer und 5 Sekunden später folgte das Qualitätsopfer auf c3. Mist! Beide Drohungen für sich waren nicht schlimm, doch hintereinander gespielt gewannen mein Gegner einen Bauern. Man oh man, so stümperhaft habe ich schon lange kein Material verloren.
Mit weniger Zeit, einem Minusbauern und schlechter Stellung ging es weiter. Wenig später hätte mein Gegner schon eine Figur oder Qualität gewinnen können. Haben wir beide nicht gesehen. Meine verbliebenen Streitkräfte versuchten aktiv zu spielen und Drohungen aufzustellen. Das war ein Tanz auf der scharfen Rasierklinge. Doch eigentlich war der Angriff nur heiße Luft. Dennoch stellte mein Gegner seine Figuren passiv und wir einigten uns auch auf Remis. Puh … Glück gehabt.
2,5:1,5

Bei Adrian war erst mal nicht so viel los auf dem Brett. Im Mittelspiel zeichnete sich dann allerdings ab, dass sein Lb7 so ultraschwach werden würde, dass man Angst und Bange haben musste. Immerhin schaffte es Adrian ins Läuferendspiel zu kommen ohne Material zu verlieren. Hier mussten er noch ein, zwei genaue Züge spielen und auf einige Opfer geachtet werden. Als die Stellung sich festigte und es keinen Gewinnweg mehr gab, wurde auch hier Remis vereinbart.
3,0:2,0

Yannick’s Eröffnungsbehandlung war nicht wirklich gut und ließ einen Bauernvorstoß im Zentrum zu. Es sah schon verdächtig nach einem schnellen K.O. aus, doch gelang es Yannick einiges an Angriffsmaterial zu tauschen. Die Stellung verflachte ein wenig und in mir erwachte die Hoffnung, dass Yannick diesmal etwas reißen könnte. Doch das Endspiel wurde nicht gut behandelt und der letzte Mattangriff gegen zwei Springer und Dame wurde dem Hamelner zum Verhängnis. Schade, schon wieder ein Osterei.
3,0:3,0

Die letzten beiden Stellungen waren auch nicht von schlechten Eltern. Dennis mit einem Minusbauern und Minuszeit in remislicher Stellung und Friedmar mit drei Bauern gegen Springer und zwei Bauern. Das sah nun wirklich nicht gut für uns aus.

Diesmal griff Friedmar im Mittelspiel recht früh fehl und verlor eine Figur gegen einen Bauern. Normalerweise würde man das aufgeben, doch im Mannschaftskampf wollte Friedmar nicht zu früh aufgeben und uns in Rückstand bringen. Also quälte sich der „Rattenfänger“ und versuchte das Unmögliche möglich zu machen. Es entstand eine Stellung mit drei Bauern gegen Springer und zwei Bauern. Dabei konnte Friedmar mit seinen König den gegnerischen a-Bauern gewinnen und sich somit einen Freibauern bilden. Dann jagte sein König den Springer, bis die Stellung tatsächlich Remis war. Tolle gekämpft Löwe.
3,5:3,5

Dann blieb nur noch die Partie von Dennis übrig. Dennis spielte eine bekannte Eröffnung (dafür hatte er eigentlich schon recht viel Zeit verbraucht) und bekam scheinbar bald Ausgleich. Dann wurde die Stellung ein wenig komplizierter und das Zentrum wurde geöffnet. Nicht so gut für das schmale Zeitkonto. Die f-Linie sprang auf und nach einem Dameneinschlag hatte Dennis einen Minusbauern. Nun wurde Pattex genommen und die Stellung sollte notdürftig geflickt werden. Kurzzeitig sah es aus, als würde die Stellung halten, doch sein Gegenüber konnte einfach weiterspielen. Ein Blick auf die Uhr reichte – irgendwann würde Dennis schon fehlgreifen. Doch die erste Zeitkontrolle überstand der Hamelner. Nun hieß es das schwierige Doppelläufer/Turmendspiel zu verwalten. Keine einfache Aufgabe und Dennis gab alles. Allerdings kam wieder der altbekannte Feind ans Brett und die Uhr „tickte“ unaufhaltsam runter. Als Dennis dann nur noch mit der Bonuszeit spielte, hatte ich schon alle Hoffnung verloren. Doch die Endspielbehandlung seines Gegners überzeugte nicht wirklich. Ob es wirklich Remis war, weiß wohl nur Dennis und/oder Fritz. Leider verlor Dennis erst die Übersicht und dann den zweiten Bauern und gab wenig später auf.
3,5:4,5

Man kann nicht mal sagen, dass wir Pech hatten. Im Regelfall würde so ein Wettkampf mit 2:6 verloren gehen. Immerhin haben wir drei von fünf schlechten Stellungen noch Remis gehalten. Somit war die Niederlage mehr als verdient gewesen. Nun gehen uns bald die Möglichkeiten aus. Drei Patronen haben wir noch im Halter, der nächste Schuss auf Lüneburg muss treffen, sonst muss bald das Flakschiff SOS funken.

5 Kommentare

  1. Schöner Bericht, in dem viel Wahres steckt. Danke, Lutz!

    Am Ende gab es in der Tat noch eine Chance auf Remis zu spielen. Im 64. Zug sieht Tc8 recht gut aus und macht es Weiß nicht wirklich einfach die Stellung zu gewinnen. Leider konnte ich das nicht mehr überblicken und wollte mit meinem König mit Ke5 möglichst aktiv dagegenhalten, was sich als nicht korrekt herausstellte und letztendlich die Partie verliert – die Zeit, die Zeit.

  2. Ja das leidige Thema mit der Zeit – Tc8 sieht tatsächlich noch vielversprechend aus.

    Schade, schade gut dann müssen wir gegen Lüneburg halt die zwei Punkte holen.

  3. Wie immer ein sehr schöner Erlebnisbericht, Lutz.

    Lt. Schachorakel besitzen übrigens Delmenhorst und Oldenburg, die momentan auf Platz 4 und 5 der Tabelle rangieren, die größten Aufstiegschancen. Ob das daran liegt, das Sie noch u. a. gegen uns spielen müssen?

  4. Das Liga-Orakel ignoriert größtenteils den Einsatz von Reservespielern. Delmenhorst hat den nichtspielenden Gisbrecht an 1, was ihre Orakelaufstiegschancen künstlich erhöht.

    Ich habe auch Monte-Carlo Simulationen zu dem Thema angefertigt, die aber feiner granuliert und insgesamt näher am realen Verlauf angesiedelt sind. Der Einsatz von Reservespielern wird halbwegs realistisch modelliert (im Orakel: ignoriert), die Partien werden einzeln simuliert und anschließend die Brettpunkte aufaddiert (das Orakel simuliert den Erwartungswert der über die ersten acht Bretter gemittelten Spielstärken und multipliziert diesen mit acht) und auch die bisherige Performance geht anders ein.

    So oder so wird der nächste Mannschaftskampf in gewisser Hinsicht vorentscheidend. Entweder Delmenhorst oder wir werden aus dem Aufstiegskampf rausgekegelt werden, und HSK gegen BSG wird auch nicht uninteressant..

    Viel Erfolg gegen Lüneburg.

  5. Danke Torben für diese Information,

    ja diese Saison ist so spannend wie lange nicht mehr. Im Prinzip können die ersten 7 Mannschaften noch aufsteigen, während die letzten 3 die beiden Absteiger ausspielen.

    Wir werden unser bestes geben, um euch Lüneburg vom Hals zu halten. Dafür dürft ihr dann in der letzten Runde Braunschweig gerne schlagen. 🙂

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