Knapp daneben ist auch vorbei – Hameln verliert in Oldenburg

Aus dem Tagebuch eines Mannschaftsführers…

Wie sagt man doch: „Es ist erst vorbei, wenn die dicke Frau gesungen hat.“ Fast könnte man meinen, dass bei uns diese wohlgeformte Frau ihr Liedchen bereits geträllert hat – doch nur fast. Drehen wir die Uhr ein paar Tage zurück.

Am achten Spieltag musste unsere 1. Mannschaft in Oldenburg antreten. In gewohnter Manier fand ich sieben weitere Freiwillige, die diese tolle Reise auf sich nahmen und die Hamelner Farben vertreten wollten. Die Ausgangslage war einfach: Siegen oder fliegen. Nur einfacher gesagt als getan, waren doch die Hausherren eindeutiger Favorit, die noch in die 2.Bundesliga aufsteigen wollten.

Die Aufstellung lautete:

Union Oldenburg – Hamelner SV

Breutigam, Martin – Bode, Wilfried
Mueer, Sebastian – Schirm, Friedmar
Hermann, Manfred – Renner, Kai
Schütte, Marc – David, Adrian
Bredemeier, Dirk – van Son, Lutz
Wittje, Berthold – Schmidt, Dennis
Meessen, Max – Kaiser, Gerhard
Heinemann, Ernst – Koch, Yannick

Wir hatten einen ELO-Schnitt von 2178, unsere Gegner, die in absoluter Bestbesetzung angetreten waren, einen ELO-Schnitt von 2240. Das sah nicht so gut aus, da musste schon ein mittleres Wunder passieren.

In meiner Partie hatte ich schon nach einer Stunde einen Schreck bekommen, bot doch mein Gegner plötzlich Remis an. Etwas sehr ungewöhnlich, da sonst eigentlich ich immer um die Punkteteilung fragte. Ein Blick über die anderen Bretter sagte mir nicht viel. Überall war es ausgeglichen, vielleicht stand Kai ein wenig besser. Sollte der Mannschaftsführer jetzt schon die Verantwortung auf die anderen Schultern legen? Nein, natürlich nicht und nach knapp 30 Minuten Bedenkzeit hatte ich ein zwei Pläne geschmiedet. Doch mein Gegner fand die richtige Erwiderung, tauschte ein wenig Material ab und der Vorteil wurde nicht größer. So entschloss ich doch mal nach der Punkteteilung zu fragen, was mein Gegenüber auch recht zügig annahm. Mmmh … na ja, vermutlich stand ich ein wenig besser. Fritz zeigte es mir zuhause, doch das hatte ich am Brett so nicht gesehen.
0,5:0,5

Bei der Partie von Adrian hatte ich nie das Gefühl, dass eine Seite irgendeinen entscheidenden Vorteil heraus gespielt hatte. Hier mal ein Bauerntausch, dort mal eine Figur weggenommen. Doch alles hielt sich im dynamischen Gleichgewicht. Da war es nicht verwunderlich, dass die Partie ebenfalls Remis ausging.
1,0:1,0

Aus der Eröffnung heraus hatte Gerhard eine durchaus brauchbare Stellung auf dem Brett. Doch dann verkomplizierte sich die Stellung und die gegnerische Dame drang in seinen Damenflügel ein. Erst ein Bauer, dann ein weiterer gingen verloren. Beim Versuch am Königsflügel ein wenig Alarm zu machen, liefen seine Schwerfiguren in einen Läuferspieß hinein und ruckzuck war die Partie hinüber.
1,0:2,0

Spielten sie schon wieder unser alt bekanntes Lied?

Nun musste ein Blick auf die anderen Bretter her. Kai hatte einiges aus der Eröffnung gemacht und stand gut. Auch Yannick hatte eine gute Stellung auf dem Brett. Wilfried hatte gute Chancen im Mittelspiel. Dennis und Friedmar standen nicht optimal, wenn man es höflich umschreibt, dafür wieder wenig Zeit auf der Uhr. Also das übliche. *grummel* Das würde ein knappes Ergebnis werden.

Wieder zeigte Friedmar eine sehr kämpferische Partie – mit Höhen und leider vielen Tiefen. Im Mittelspiel hatten die gegnerischen Truppen das Brett größtenteils unter Kontrolle und wie Friedmar so gerne sagte, war es an der Zeit „schlank den Plan zu wechseln“. Bis dato stand er nur schlechter, nun opferte er einen Bauern für … nichts. Nun stand Friedmar schlechter und hatte einen Bauern weniger. Sein Gegner hatte so viele Möglichkeiten, dass er erst mal etwas Zeit investierte. Doch der Totschläger wurde nicht gefunden und Friedmars Truppen fanden ein, zwei gute Felder. Nun konnte man ein Schema in seinen Plan erkennen. Der Gegner hatte zu lange nachgedacht und wurde ein wenig hektisch. Friedmars Dame und Springer drohten nun abwechselnd ein ersticktes Matt, Abzugsschach oder Damengewinn. In der Zeitnotphase zeigte sich seine ganze Routine und eine Figur wurde abgefischt. Der Rest war Technik. Glück gehabt und toll gekämpft. So schafften wir wieder den Ausgleich.
2,0:2,0

The Match of the Day spielte für mich diesmal Kai. Klasse aus der Eröffnung rausgekommen. Viel Druck im Mittelspiel ausgeübt, sodass der gegnerische Monarch nicht rochieren konnte. Als es taktisch wurde behielt Kai kühlen Kopf und fand den tollen Weg ins gewonnene Turmendspiel mit zwei Mehrbauern. Und auch das Endspiel hat der Hamelner klasse behandelt und sicher den vollen Punkt eingefahren. Damit hat Kai die beste Punktausbeute von unserem Team. Ob es daran liegt, dass Kai nun endlich eine vernünftige Zeiteinteilung hat oder war es die Angst vor meiner Ansage, dass ich ihn in 1,5 Jahren überholen wollte. 😉 Wer weiß das schon. Auf jeden Fall, Kai ist wieder auf der Überholspur.
3,0:2,0.

Wir lagen vorne – toll. Dass war diese Saison noch nicht so häufig vorgekommen. Doch wie würde sich das verbleibende Trio schlagen? Wilfried hatte seine Chance im Mittelspiel vertan und musste nun ein schwieriges Leichtfigurenendspiel verteidigen. Den Glauben an Dennis Partie hatte ich schon lange verloren. Immerhin lebte er noch, doch Stellung und Zeit sahen sehr ungemütlich aus. Und unser Youngster Yannick hatte ein remises Endspiel auf dem Brett, bei dem man trotzdem noch ein wenig aufpassen musste. Sollte das doch für einen Punktgewinn reichen?

„Safety first“ war scheinbar Wilfried’s Devise gewesen. Die taktischen Möglichkeiten auf beiden Seiten wurden auf ein Minimum reduziert. Nach mehreren Tauschaktionen hatte Wilfried dann aber doch noch eine Chance das Zentrum zu öffnen und mit seinem Läufer die lange Diagonale zu besetzen. Auf beiden Seiten wurde das so nicht gesehen und der Gegner konnte die Bauern alle ineinander verkeilen. Zwar eroberte Wilfried noch einen Bauern, doch hatte er den falschen Läufer. Der gegnerische Springer zeigte nun seine Stärke, eroberte den Bauern zurück. Nun hieß es volle Defensive. Es gab da noch ein zwei Möglichkeiten mit dem Springer Alarm zu machen, doch war sein Gegner mit dem Remis zufrieden. Das ist noch mal gut gegangen.
3,5:2,5

„The same procedure as every match.” Schlechte Zeiteinteilung, komplizierte Stellung – das ist Gift für Dennis. Die Stellung sah lange Zeit brauchbar aus, doch im fortgeschrittenen Mittelspiel konnte sein Gegner geschickt die Figuren tauschen und sich zwei Freibauern am Damenflügel bilden. Da half all das Strampeln nichts mehr. Nach der Zeitkontrolle funkte noch mal ein Hoffnungsschimmer auf, doch ein schönes Qualitätsopfer ermöglichte den Freibauern den freien Weg bis zur Grundreihe. Game over.
3,5:3,5

Nun lag die Verantwortung auf den schmalen Schultern von Yannick.

Aus der Eröffnung kam Yannick diesmal gut raus, weil sein Gegner einige krumme Züge gespielt hatte. Den feindlichen Angriff konnte Yannick sicher abwehren und gleichzeitig am Damenflügel seine Figuren gut positionieren. Ihm gelang es einen schönen gedeckten Freibauern im Zentrum zu bilden. Die Hoffnung stieg in mir, dass Yannick heute den Bock umstößt. Doch eine fehlerhafte Berechnung und ein Bauerntausch egalisierten den kleinen Vorteil. Das entstandene D + T + L –Endspiel war vollkommen ausgeglichen. Da es ungleichfarbige Läufer waren und sein gedeckter Läufer schon im Zentrum stand war es kaum noch zu verlieren. Allerdings schob Yannick seine Bauern am Königsflügel zu weit nach vorne auf die Farbe des gegnerischen Läufers. In der immer abnehmenden Zeit wurden die Fehler größer und die Stellung schlechter. Dann brachen alle Dämme und wir verloren auch diese Partie. Schade – wieder einmal war mehr drin gewesen.
3,5:4,5

Hilfe, HILLLLLFE. Nun die anderen Mannschaften waren so nett und haben für uns gespielt. Braunschweig konnte gegen 7 Bremer keinen Punkt holen. In der 2.Bundesliga haben Werder Bremen und auch Göttingen gepunktet, was uns immer noch die Chance auf den Klassenerhalt gibt. Dazu müssen wir nur noch Delmenhorst schlagen, die mit einem eigenen Sieg in die zweite Bundesliga aufsteigen wollten. Mmmhh … das hatten wir doch schon mal am letzten Spieltag. Damals hatten wir gewonnen. 😉 Trotzdem stieg Delmenhorst auf und wir ab. Mal sehen ob sich die Geschichte wiederholt. Laut dem Orakel haben wir noch eine knapp 5% Chance. Na ob das gut geht?

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